DPAS LIVE REVIEWS

Deep Purple
Arena, Nürnberg. February 9th 2006

Die Reinheit tiefen Purpurs Deep Purple wandeln geschickt zwischen den Zeiten und landen so in der Arena in Nürnberg mitten in der Gegenwart.

Nürnberg. Auch wenn der Stoff aus der Natur gewonnen wird: Purpur ist kein reiner Farbton. Purpur ist pure Mischung. Seit nahezu 40 Jahren ist der aus Schnecken gewonnene rare Saft auch Erkennungszeichen einer der wichtigsten Bands der Rock-Ära: „Deep Purple“ stehen für eine Mischung aus Blues und Klassik – über Dekaden hinweg bezogen sie ihre Kraft aus dem Widerstreit von Gitarre und Hammondorgel. Sie waren nicht nur die lauteste Band der Welt. Sie waren die alles überstrahlenden Könige des Hard Rock. Auf der Basis von vier Tönen gelang es ihnen, die Fliehkräfte, die von Jon Lord und Ritchie Blackmore ausgingen, zu bändigen und unter einem Kardinalshut zu vereinigen: Mit „Smoke on the Water“ schufen sie eine Hymne für die Ewigkeit, ein Werk, das die wilde Kraft des Rock’n’Roll in das Fahrwasser der europäischen Klassik einbettete.

Kür und Pflicht Heute hat sich einiges beruhigt. Mit Blackmore wurde der Ober-Streithansel verbannt, Jon Lord verzichtete aus Altersgründen: Steve Morse und Don Airey wurden an ihrer Stelle verpflichtet. Und es tut „Deep Purple“ gut, dass die beiden neuen lediglich den musikalischen Wettstreit suchen. Auf der zweiten Station der gegenwärtigen Deutschlandtournee in Nürnberg präsentiert sich die Truppe aus einem Guss: Im Mittelpunkt steht das aktuelle Album „Rapture of the Deep“ – sieben Titel haben sie aus ihrem respektablen Alterswerk im Programm. Dass gleichzeitig auch die Tradition nicht auf der Strecke bleibt, versteht sich von selbst. Der lange unterschätzte 73-er Kracher „Mary Long“ bildet dabei das Kürprogramm – während mit „Lazy“, „Highway Star“, „Black Night“ und freilich auch den oben erwähnten vier rauchigen Tönen Essentiellstes geboten wird. Fast wichtiger aber ist die Art der Performance. Sänger Ian Gillan hat ungeheuer an Leichtigkeit gewonnen: Anstrengungslos singt er schwierigste Passagen und verliert dabei nie die Bodenhaftung unter seinen nackten Füßen. Auch Gitarren-Superstar Steve Morse strahlt teenagerhafte Freude aus: Das Bühnenlicht inspiriert den blonden Alleskönner zu Höchstleistungen und lässt all seine Griffe in gleißendem Gold erstrahlen. Herzstück freilich ist das Rhythmusduo Roger Glover und Ian Paice. Die beiden sind das, was der HSV für die Bundesliga ist: Sie sind von Anfang dabei. Doch im Gegensatz zur Doll-Truppe sind sie über die Jahrzehnte hinweg on top. Und legen die Basis, die Don Airey mit seinen Hammond-Kaskaden auf’s Wunderschönste zu schmücken vermag. Sodass das entsteht, was weder der Zahn der Zeit noch die mittlerweile achte Besetzung (Mark VIII genannt), zu zerstören vermögen: Pure Faszination über zweieinhalb Stunden hinweg. Und pure Kraft, die die 5000 Besucher in den Bann zieht. Der Zauber wirkt also auch im Jahre 39 des Bestehens. Weil: Die Mischung macht’s!

review: Franz Pegemeyer


reviews